Es ist in fast allen Auftragsgesprächen zu Führung oder Zusammenarbeit ein Thema: Feedbackgeben. Insbesondere kritisches Feedback. Nun kommt ein neuer Begriff daher, Feedforward. Wenn schon Feedback ein Dauerthema ist, was soll dann Feedforward?

Feedback ist mehr als die einfache Rückkopplung

Ich überspringe die Signaltheorie und lande in der Kommunikationstheorie: Feedback ist hier die Rückmeldung von Informationen durch den Empfänger einer Nachricht an deren Sender. Also: „Das habe ich gehört. Das habe ich verstanden.“ Oft werden Missverständnisse deutlich: „Das Kissen riecht nach Schuppen“. „Ah, auf dem Kissen lag jemand mit Schuppen und jetzt riecht es.“ „Nein, das Kissen lagerte in einem Schuppen und jetzt riecht es.“ Schon die Rückkopplung in diesem Sinne hilft!

Feedback im Rahmen von Führung und Zusammenarbeit ist mehr: Das, was ich gesehen oder gehört habe, macht etwas mit mir. Zum Beispiel, weil es Auswirkungen auf das Miteinander oder die Ergebnisse hat. Ich sage, was es mit mir macht. Weil mir etwas wichtig ist bzw. ich etwas brauche. Und ich äußere mich zukunftsgerichtet: Ich bitte um etwas oder erwarte etwas – je nach Positionsmacht oder Eskalationsstufe.

Feedback ist keine Meinung oder Beurteilung

Ein Beispiel: Die Kollegin schreibt einen Text für mich. Der Text umfasst eine halbe Seite, vereinbart war eine Seite. Das verunsichert mich. Ich brauche Klarheit. Ich bitte sie, mir zu sagen wie es zu der halben Seite kommt. Im Gespräch konkretisiere ich: „Du sagst, Du hast das anders verstanden. Das akzeptiere ich. Ich brauche Sicherheit. Lass uns die Anforderungen aufschreiben.“ Ein anderen Feedbackgeber sendet ggf. anderes: „Du sagst, Du hast das anders verstanden. Das überrascht mich. Mir ist Klarheit wichtig. Bitte halte Dich beim nächsten Text daran: 1 Seite, mind. 600 Worte“.

Manchmal macht mein innerer Perspektivenwechsler eine Rolle rückwärts und fragt sich: Wie nannten wir das, bevor es Feedback hieß? Ich habe diesen Wortlaut im Ohr: „Du hast nur eine halbe Seite geschrieben. Das reicht nicht. Du musst hier schon mehr Einsatz zeigen.“ Das ist eine Beurteilung. Oder eine Meinung. Jedenfalls kein Feedback. Im positiven Fall nannte man Lob: „Toll gemacht!“ Das ist auch kein Feedback. Es ist bestenfalls ein Kompliment.

Feedback geben und bekommen ist keine Gleichung

Wenn ich Führungskräfte frage „Gebt Ihr Feedback?“, antworten sie „Ja, täglich!“ oder „Ongoing“. Und wenn ich die Mitarbeitenden frage „Bekommt Ihr Feedback?“ antworten diese „Kaum!“. Dafür gibt es mögliche Erklärungen: Erstens, einer lügt . Zweitens, die Führungskräfte erleben, dass sie ständig ihre Gedanken zur Arbeit anderer mitteilen. Und drittens, die Mitarbeitenden haken Feedback als erledigte Aufgabe ab. Sie vergessen es.

Eine vierte Erklärung ist, sie verstehen unter Feedback ganz Unterschiedliches: Die Führungskraft eine Reaktion. Und die Mitarbeitenden eine Zeit, in der es um ihre Person, ihre Stärken und Entwicklungsfelder geht. Dafür gibt es z.B. jährliche Feedbackgespräche. In diesen erfolgen leider meist Beurteilungen. Im besten Fall eine positive, ein Lob. Im schlechteren eine kritische Bewertung. Aber ein Feedback als Signal „Du wirst gesehen, in dem, was Du tust und wie Du dich entwickeln kannst“? Diese Chance wird selten genutzt.

Feedback geben next Level: Feedforward vorleben

Dr. Marshall Goldsmith folgt mit Feedforward diesen Forschungsergebnissen: Feedback hat einen positiven Einfluss auf die Leistung, wenn es in die Zukunft gerichtet ist. Soweit schlüssig, denn wer ein Feedback in der Vergangenheit formuliert („Ich hätte mir von Dir gewünscht, …“) entwickelt niemanden. Sorry, meine Lebens-Rückspultaste klemmt, ich kann nichts mehr besser machen.

Interessant am Feedforward ist ein anderer Aspekt: der Mensch im Fahrersitz wechselt. Statt den Fokus auf „Ich gebe Dir Feedback“ zu setzen, lädt das Feedforward den anderen ein, die eigene Entwicklung anzugehen. Damit Menschen diese Einladung anzunehmen, braucht es Mut und oft erst einmal ein Vorbild. Das sind am besten Sie, wenn Sie Menschen führen oder das Miteinander wirksam unterstützen möchten!

Wer Feedforward praktiziert, kann dazu einladen

Dr. Goldsmith beschreibt Feedforward mit diesen drei Schritten:

1. Wählen Sie ein eigenes Verhalten, dass Sie ändern wollen. Formulieren Sie dazu eine Frage, z.B.: „Wie kann ich klarer kommunizieren?“

2. Überlegen Sie zwei Maßnahmen, die Sie hierfür umsetzen wollen, z.B. die 5 W-Technik „Wer, wann, was, mit wem, wozu“ und „Hauptsätze nutzen“.

3. Wählen Sie zwei Personen aus, die oft mit Ihnen zu tun haben. Machen Sie ihnen Ihr Vorhaben transparent: „Lieber …., ich merke, dass ich nicht klar kommuniziere. Das möchte ich ändern. Ich plane, … und … zu tun. Hast Du noch eine weitere Idee?“

Dann heißt es zuhören, nicht kommentieren. Stattdessen: „Vielen Dank. Ich werde daran arbeiten und Dich einmal monatlich fragen, wie es mit der Klarheit meiner Kommunikation steht. Sag mir bitte auch, wenn Dir zwischendurch etwas auffällt. Denn es ist mir wichtig.“

Wer Schritte 1-3 geht, entwickelt nicht nur sich, sondern eine Kultur des Feedbacks und des gemeinsamen Lernens.

Haben Sie Freude beim Gestalten des Miteinanders? Lesen SieLesen Sie hier mehr!

(Foto: Pressmaster, Pexels)