Welche Fragen stellen Sie typischerweise? Fragen Sie oft„Was“ und „Wann“? Oder fragen Sie gern „Wie“? Vielleicht fragen Sie häufig „Wer“ oder auch regelmäßig „Warum“? Eberhard Jung hat meinen Blick auf diese Kommunikationsstile und ihre Wirkungen gelenkt. Gerade wer neue, selbstorganisierte Arbeitsformen etablieren möchte, sollte auch seine Fragen im Blick haben.
Wer fragt, sagt viel über sich aus
Herr Jung sagt es so: Wenn Sie häufig „Was“ und „Wann“ fragen, kommunizieren Sie offensiv und direktiv. Mit wenig Interesse an Details wollen Sie rasch Ergebnisse erzielen. Fragen Sie „Wie“, kommunizieren Sie unterstützend. Sie finden gern mit anderen heraus, wie Aufgaben gut und sicher bewältigt werden. Wenn Sie häufig „Wer“ fragen, sind Sie interaktiv unterwegs. Das heißt, Sie sind an der Begegnung interessiert. Und an dem, was Menschen gemeinsam bewegen und erreichen können. Wer oft „Warum“ fragt, kommuniziert dagegen kontrollierend und überprüft gern Sinn und Vernunft.
Wenn du die liebsten Fragen nicht in Frage stellst
Auf einem Waldspaziergang in der Nähe des Badesees sprach mich neulich ein junger Mann an: „Wissen Sie, wie ich zum Bahnhof komme?“ Umgehend erklärte er sich: dass er mit dem Auto gekommen sei, aber jetzt, hmm, dumm gelaufen, eben mit den Öffentlichen heimfahren müsse. Nun, „Warum-Fragen“ interessieren mich nur in technischen Dingen. Und „dumm gelaufen“ sagte mir: Das Auto war nicht das Problem. Die „Wie-Frage“ dagegen lies mich freudig und sofort meine Kartenapp mit „Bahnhof in der Nähe“ füttern.
Gemeinsam schauten wir aufs Display und zu den Wegweisern im Wald. Der junge Mann fand mit seiner „Wie“-Frage eine engagierte Unterstützerin. Und ich dank „Was ist zu tun?“ auch ein rasches Ergebnis. Ich zeigte ihm den Weg zum nächsten S-Bahnhof. Leider! Denn wieder zuhause schoss mir durch den Kopf: Hättest du mal besser „Wer“ gefragt! Nämlich „Wer könnte die Person sein, die in dieser Sache am meisten weiß?“. Denn der Mensch im Kassenhäuschen des Sees hätte möglicherweise von einem Bus gewusst und dem jungen Mann 4,2 km Waldspaziergang erspart.
Frage „Wer“ für gelingende Selbstorganisation
Auch in Teams fragen wir uns meist umgehend „Was ist zu tun?“. Und „Wie machen wir es?“. Denn Aktion gefällt uns. Gemeinsam Lösungen austüfteln macht Spaß. Es ist wie den Waldweg nehmen, aktiv und schön. Dabei wissen wir: In vielen Fragen sind Effektivität und Effizienz wichtiger als ein (gemeinsames) Erlebnis. Dann heißt es, die zukunftsgerichtete Form der „Warum-Frage“ zu stellen: „Wozu soll die Lösung dienen?“. Und die „Wer-Frage“: „Wer soll entscheiden?“
Neuen Arbeitsformen und Selbstorganisation wird ja oft quälende „Basisdemokratie“ nachgesagt. Weil angeblich alle gemeinsam das „Wie“ klären müssen. Ob im Konsens (alle dafür) oder Konsent (keiner dagegen). Das stimmt so nicht. Denn wer die „Wer-Frage“ im selbstorganisierten Sinn nutzt, delegiert nicht nur Aufgaben, sondern Entscheidungen an die kompetente(n) Person(en): „Wir delegieren die Entscheidung über das Programm an Paul“. Oder: „Paul entscheidet nach Rücksprache mit IT und Einkauf“. So geht es Hand in Hand: selbstorganisiert, kompetenzorientiert, effektiv und effizient.
Jetzt Sie: fragen Sie einmal bewusst anders…
1. Sammeln Sie im nächsten Meeting alle wichtigen Fragen, statt die typischen zu stellen
2. Entscheiden Sie gemeinsam: welche der Fragen sind jetzt und hier zu klären? Beantworten Sie gemeinsam auch nur diese.
3. Delegieren Sie möglichst viele Entscheidungen mit der Frage „Wer ist die kompetente Person in dieser Sache?“ Machen Sie ggf. klar, ob die Entscheidung mit der Freiheit oder aber der Anforderung verbunden ist, 2-3 Ratgeber einzubeziehen.
Ach ja. meine Lieblingsfrage „Wofür“ ist Dein „Wozu“. Je nach Kontext erntet man ertapptes Lächeln, interessiert-verwirrte Blicke oder auch durchaus mal den leisen Verdacht des Kontrollettis in der zukunftsgerichteten Fassung – was eine spannende Selbstaussage des Verdächtigenden sein könnte 😉
Und beim E-Mail-Aufräumen nach dem Urlaub fand ich noch eine nette Erinnerung zum Thema Delegieren als Ergänzung zu Deinem Appell, die Entscheidung zu delegieren: Das gesamte zu lösende Problem übergeben und damit zum selber Finden der Aufgaben und zum Entscheiden einladen.
Danke sehr! „Das gesamte zu lösende Problem übergeben“ klingt sehr feierlich. Und damit auch würdigend: Das Problem und den/die potenziellen Problemlöser/in. Zur Sicherheit kann es nützlich sein, mit der Übergabe Einblicke ins eigene Tun zu geben: Warum und Wofür/Wozu übergebe ich dir das gesamte zu lösende Problem?