„Wie motiviere ich meine Mitarbeiter?“ Egal wie der Titel lautet, diese Frage taucht in jedem Führungstraining auf. Wer motivieren möchte, will etwas verändern. Schließlich kommt das Wort Motivation von movere (lat. bewegen). Dazu fallen mir zwei Anlässe ein. Der erste: Der zu motivierende Mensch zeigt etwas, was ich als „unmotiviert“ bewerte. Und er möge dieses bitte ändern. Oder der zweite: Was ich bisher tue wirkt nicht. Und ich mag dies ändern.

Der Röntgenblick durch Ihre Be-Wertung

Ich frage dann gern, was ein Mensch so tut, der zu motivieren sei. Und was das genau ist, so ein „unmotiviertes“ Verhalten. Dann höre ich Begriffe wie „antriebslos“, „wenig Initiative“ oder „vorschnell zufrieden“. Das ist stimmig, denn Motivation gilt als „Triebkraft für zielgerichtetes Verhalten“.

Dabei sagt das, was Sie „unmotiviert“ nennen, zunächst etwas über Sie selbst aus. Vielleicht schätzen Sie Entwicklung, Engagement, Effizienz oder Exzellenz? Dann leiten diese Werte – im besten Fall – Ihr Handeln. Hat ein anderer dagegen ein anderes Werteset, „bewegt“ er sich nicht entsprechend Ihrer Wertvorstellungen. Folglich bewerten Sie das negativ. Denn ginge es statt um Wertvorstellungen um Gesetze, wollten Sie nicht „motivieren“, oder?

Der Imperator in Ihrem Kopf verengt den Blick

Was Sie bei anderen als „unmotiviert“ betrachten, zeigt auf Ihre inneren Antreiber. „Streng dich an“, „sei perfekt“ „mach schnell“, „mach es anderen recht“ oder „sei stark“ sind die tief verankerten Lehren unserer Kindheit. Sie springen insbesondere im Stress an. Und sie lassen unseren Blick auf andere (wie auch auf uns selbst) eng und streng werden.

Falls in Ihnen ein „Streng dich an“-Imperator herrscht, dann ist einer, der die Dinge „locker“ angeht, natürlich „unmotiviert“. Auch die anderen Antreiber finden die Einstellung „das ist gut genug“ oder „nur ruhig Blut…“ suspekt. Genauso wie „für sich sorgen“ oder „Hilfe erbitten“. Das Dumme ist: In den Fängen alter Antreiber gelingt Motivation kaum – weder bei anderen, noch bei sich selbst. Dafür braucht es Ihr offenes und lösungsorientiertes Selbst.

Motivation ist notwendig, aber nicht ausreichend

„Motivation heißt Rahmenbedingungen schaffen, in denen Motive angeregt werden“, so habe ich es im Studium gelernt. Dabei versammelt der Begriff „Motive“ einen bunten Strauß von z. B. Bedürfnissen und Werten. Er umfasst, was Menschen brauchen, was ihnen wichtig ist und was sie richtig finden. So kommt es, dass Motive unsere Energiequellen sind: Werden sie angeregt, folgt Handlungsbereitschaft.

Nur allein die Bereitschaft zu handeln reicht nicht aus. Um eine Handlung bis zur Zielerreichung aufrechtzuerhalten, braucht es eine weitere Kraft. Nämlich den Willen – leider eine erschöpfbare Ressource. Denn ist eine Hürde zu hoch, laufen wir nicht los. Sind wir vom Morgen gebeutelt, packen wir am Mittag nichts an. Zudem mischt unser limbisches System mit, und der Affekt gibt vor jeder bewussten Entscheidung die vor-bewusste Order „Annähern!“ oder eben „Vermeiden!“.

Es geht darum, einen Rahmen zu schaffen

Die zweite Lesart der Frage „Wie motivere ich meine Mitarbeiter?“ lädt ein, sich in der Führungsrolle bewusst zu bewegen. Konkret gesagt, mit Führungsverhalten konsequent gut erforschte Motive anzusprechen:

  • Zeigen Sie Wertschätzung für das Wissen und Können
  • Sorgen Sie für Sicherheit durch klare, realistische Ziele und Aufgaben
  • Seien Sie freundlich im Ton, suchen Sie bei Fehlern Lösungen statt Schuldige
  • Loten Sie Handlungsspielräume aus und erweitern Sie die Autonomie
  • Ermöglichen Sie Gemeinschaft, Austausch und gegenseitige Unterstützung
  • Sagen Sie fair was entschieden ist und wo Mitsprache möglich ist
  • Ermöglichen Sie Meisterschaft – in Herzensthemen noch besser zu werden
  • Sorgen Sie dafür, dass die Arbeit Sinn hat und kommunizieren Sie diesen

Weitere spezifische Motive finden Sie im Einzelgespräch heraus. Manchmal erfahren Sie dort auch, dass nicht Motivation fehlt, sondern Willenskraft oder das Vermögen zur Selbstregulation. Möglicherweise ist Ihre Führungsaufgabe also eine ganz andere,  z. B. zu helfen Prioritäten zu setzen oder gelassener mit Rückschlägen umzugehen.

Wie Sie einen Anfang machen …

1. Erforschen Sie Ihre eigenen Motive: Prüfen Sie an einem guten Tag, welche Bedürfnisse Sie sich erfüllt, welche Werte Sie gelebt haben. Oder machen Sie den kostenfreien 10 minütigen Wertetest.

2. Hören Sie Menschen mit dem  „Motiv-Ohr“ zu: Was sagen sie über das was sie brauchen, was ihnen wichtig ist oder was sie richtig finden?

3. Sammeln Sie verschiedene Wege, wie Sie diese Motive in Ihrem Verantwortungsbereich erfüllen könnten. Wählen Sie gemeinsam die erfolgversprechendsten aus. Holen Sie dazu regelmäßig Feedback ein.