Vor 5 Jahren besuchte ich Frederik Laloux‚ Vortrag „Reinventing Organizations“. Er schilderte viele gelingende Beispiele für Selbstorganisation. Sogar in Fabriken, wie z.B. bei Morning Star, einem Produzenten von Dosentomaten. Ich fragte mich und meinen Gesprächspartner: „Was braucht es, dass Menschen so miteinander arbeiten können?“ Ich tippte auf Akzeptanz, mein Gesprächspartner auf mangelnde alternative Jobangebote. Heute sage ich: Organisation und ein grundlegendes Betriebssystem!

Selbstorganisation ist nicht Selbstüberlassung

Viele denken, Selbstorganisation ist „jeder macht was er will“. Und dazwischen spielen alle Tischkicker. Oder sie meinen, alle führen zu jeder Frage basisdemokratische Grundsatzdiskussionen. Ein Anfängerfehler, über den eine Schulleiterin lachend berichtete: so ein Unsinn, mit 70 Mitarbeitenden beschließen zu wollen, wo der Wasserspender aufgebaut wird!

Selbstorganisation ist etwas anderes. Nämlich die Führungsaufgabe auf mehrere Rollen oder Personen zu verteilen, statt sie an einer Funktion festzumachen. Am Anfang steht das „Wozu?“. Es wird heute meist mit der Zukunftsfähigkeit der Organisation beantwortet. Den Pionieren der neuen Arbeit, wie dem kürzlich verstorbenen Frithjof Bergmann, ging es allerdings um etwas anderes, nämlich die Erfüllung des Menschen. So lässt sich ein positives Menschenbild kaum aus dem praktischen Tun heraushalten.

Selbstorganisation ist erst einmal Organisation

Welches Problem hat die Organisation zu lösen? Welcher Nutzen wird angestrebt? Und welche Themen sollen in die Selbstorganisation gehen? In einer Delegationsmatrix definiert die Führungskraft, was in die Verantwortung der Mitarbeitenden geht. Und sie bestimmt auch, bei welchen Themen sie ein Vetorecht oder aber die Entscheidungsmacht behält.

15% der Arbeitszeit ist ein realistisches Anfangsinvestment für die erste Organisation. Beschriebene Struktur- und Prozesselemente, wie Kreise und Rollen sowie Werkzeuge geben Orientierung. In einem Teamboard sammeln die Mitarbeitenden Ideen und Entwicklungen. Mittels Pull-Prinzip kann jeder die Verantwortung für Themen übernehmen. Der klare Rahmen lässt Inhaltliches schneller starten, bei Bedarf aber auch beenden. Auf diese Art „verflüssigen“ sich auch zähe Prozesse.

Selbstorganisation wird begleitet von Lernerfahrungen

Die Werkzeuge der Selbstorganisation, wie z.B. Entscheidungsverfahren, werden praktisch im Tun eingeübt. Durch eine zunächst externe Moderation können alle die Vorgehensweisen kennenlernen, reflektieren und schrittweise übernehmen. Dabei kommt sehr bald die Frage auf: wie gestalten wir das Miteinander, um die Strukturen und Prozesse konstruktiv zu gestalten und die Werkzeuge effektiv einzusetzen?

Statt nun umfassende Trainings anzubieten, setzt z.B. die Kollegiale Führung auf kurze Impulse einer Lernbegleitung und anschließende Anwendung  des Erlernten in der Praxis. Es geht hierbei z. B. um Inhalte, wie die subjektive Konstruktion der Wirklichkeit, Ich-Botschaften, Aktives Zuhören, Feedbackgeben, Konfliktklärung und Reflexion.

Ein grundlegendes Betriebssystem nutzt 5 produktive Kräfte

Welche Grundlage braucht es nun, um all dies wirklich umzusetzen? Das Positive Intelligence Programm bringt hierfür ein grundlegendes Betriebssystem ins Spiel, nämlich produktive Bahnen im Gehirn anzusteuern. Damit wird es weniger wichtig, einzelne Techniken exakt zu beherrschen, wie z.B. das Aktive Zuhören.

Die 5 grundlegenden produktiven Kräfte sind Empathie, Exploration, Innovation, Werteorientierung und Handlungsfokus:

  • Empathie bedeutet, sich mit seinen Bedürfnissen und Zielen genauso zu sehen, wie den anderen. Spiegelneurone ermöglichen uns, „den Menschen“ im anderen zu sehen – auch bei unterschiedlichen Ansichten.
  • Exploration heißt, wie ein Naturforscher genau hinzuschauen: Was tun wir, wie tun wir es, welche Ergebnisse finden wir?
  • Innovation ermöglicht gemeinsame Neuentwicklungen: Eine einfache Änderung macht ein Brainstorming zu einer neuen Erfahrung: „Was ich an Deiner Idee mag ist…. und das bringt mich auf folgende Idee…“.
  • Werteorientierung heißt, gemeinsam aus der Zukunft auf heute zu schauen: An welchen Werten haben wir unser Handeln ausgerichtet? Das kostenfreie Werteassessment macht es leicht, Werte im Team zu besprechen.
  • Für den  klaren Handlungsfokus lohnt der gemeinsame Blick, ob und welche Saboteure zu stoppen sind (mehr dazu hier).

Erste weise Kräfte aktivieren

Alle Aufgaben in der Selbstorganisation rufen nach einer oder mehreren der weisen Kräfte. Starten Sie im Team mit der am leichtesten verfügbaren Kraft. Nach und nach können Sie gemeinsam die weiteren Kräfte angehen:

1. Fragen Sie bei einer Herausforderung alle Teammitglieder: Was brauchen wir gerade am meisten, um einen Schritt voran zu kommen? Ist es Empathie, Exploration, Innovation, Werteorientierung oder Handlungsfokus?
2. Bestimmen Sie als Team: Bei welcher der Kräfte haben wir den größten Entwicklungsbedarf?
3. Finden Sie als Team heraus, was Sie immer wieder von den nützlichen Kräften entfernt. Benennen Sie gemeinsam die „Saboteur“-Verhaltensweisen, um dann zum Produktiven zurückzukehren.

Um tiefer in die 5 Kräfte einzusteigen, vereinbaren Sie gern hier ein Gespräch. Vielleicht ist ein fokussiertes 6-Wochenprogramm mit einem Zeiteinsatz von täglich 15 Minuten genau das Richtige für Ihr Team, um Selbstorganisation produktiv und leicht umzusetzen.

Foto: Hebi B./Pixabay